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Sonntag, 9. Dezember 2012


 
Alles übertrieben

 

Ein Hausarzt hatte einen Traum

Von einem kleinen Praxisraum

Von Menschen die er lieb betreut

Für die er keine Arbeit scheut

Von Anerkennung, Lob und Lohn

Was man halt träumt, Sie wissen schon

 

Dann, grell erwacht, sieht er die Massen

Von kranken Menschen aller Kassen

Im Wartezimmer dampft der Frust

Dem Arzt entflieht die Arbeitslust

Minutentakt für kranke Leute

Wie oft er diesen Mist  bereute…

 

Papiermüll aus dem Kassenrohr

Quillt ungebremst und brüsk hervor

Begräbt den Hausarzt der noch grunzt

Sein Lebensplan ist längst verhunzt

Erpressung, Druck und Gängelei

Der Traum des Arztes ist vorbei.

 

 

Der Junge sieht den Alten an

Und fragt sich ob er auch so dran

Als junger Hausarzt auf dem Land

Erpresst, bedroht und ausgebrannt

Vielleicht ist alles übertrieben

Entscheide selbst, ganz nach Belieben.

Sonntag, 25. November 2012

Die KV Bayern will nun "grossherzig" die Hausärzte von den Regressen verschonen. Wenn ein eklatantes Unrecht beendet wird, dann ist die Angelegenheit damit noch nicht erledigt. Selbst, wenn alle KV Zentralen der Länder erkennen würden, dass die Anzahl der  Landarztwilligen so drastisch abnimmt, dass der Bedrohungsabbau  dringend ist, es wäre erstens zu spät und zweitens wäre das schon begangende Unrecht an den Ärzten damit noch nicht entschädigt.
Das Ziel darf nicht nur sein
Sofortiger Regress-Stop!
sondern zwingend:
Entschädigung für alle Regressopfer!
 
Regresse sind ein unglaubliches Erpressungsmittel. Im folgenden Blog sind die Details.


 

Der Regress und die Schuld, die er hinterlässt.

 

Dr. Müller ist nebenberuflich beratender Mitarbeiter in einer speziellen Abteilung der KV. Er berät die einfachen Hausärzte dabei, keine Fehler bei der Verschreibung zu machen, die andernfalls zu so genannten Regressstrafen führen können, das sind oft 5-stellige und damit ruinierende Eurostrafen. Eine Art Gericht mit Kassen- und KV-Mitarbeitern besetzt, bedroht den Arzt. Und Dr. Müller soll ihn davor bewahren.

Auf den ersten Blick ein löbliches Unterfangen. Er hilft anderen Ärzten, keine Fehler zu machen. Er bewahrt sie quasi vor Unbill.

Erst bei genauem Hinsehen erkennt man das Problem. Kollege Müller ist nicht Helfer der Bedrohten Kollegen sondern ein Unterstützer in einem perfiden Unrechtssystem. Oder wie sollte man  die Arbeit  eines  Rechtsanwaltes in einem Unrechtssystem  bewerten? Ist er Nutznießer  des Unrechtes, in dem er ihm den Anschein der Legalität gibt oder ist er ein letztes Bollwerk gegen die Willkür? Vielleicht denkt Dr. Müller nicht genügend über die Folgen seines Handelns nach?

Die Grenze zwischen Anklägern (Kasse und KV) und  Dr. Müller, dem  Helfer des bedrohten Arztes, ist gar keine Grenze. Da sitzt nicht Staatsanwalt und Verteidiger. Nein, der Arzt sieht sich einem Gremium gegenüber, dass sich in wichtigen Punkten einig ist, beide Parteien folgen dem Credo, dass die Geldstrafen für unerwünschtes Rezeptieren der Ärzte gerechtfertigt sind. Beide suchen die so genannten Verfehlungen des Arztes zu finden und ignorieren, dass hier gar keine vorliegen.

Natürlich wird beflissen behauptet, der “Kassen-Arzt” habe die wichtige Pflicht mit dem Geld der Allgemeinheit sorgsam umzugehen und wenn er hier einen Verschwendungsschaden erzeuge, dann müsse er leider den Schaden ersetzen, das sei doch nur recht und billig.

 

Diese griffige aber auf einer Reihe unrechter Voraussetzungen aufgebaute These ist populistisch und so falsch wie gefährlich. Diese Praxis ist unrecht und unbillig. Die Denkfehler dieses in weiten Kreisen abgenickten Modells sollen gleich dargestellt werden.

Der einzige Schaden der wirklich entstanden ist,  ist die Bedrängung eines Arztes. Durch Drohung mit einer Geldstrafe wird er dreist zu kassenerwünschtem Verschreiben erpresst.  

 

Sehen wir uns einen Arzt an der vor den “Wirtschaflichkeitsausschuss” geladen wird.

Dieser Opferarzt sollte unter Anwendung von äußerem Druck das Interesse seiner Patienten verleugnen um selbst horrenden Geldstrafen zu entgehen.  Er war nicht geschickt genug oder er handelte zu sehr im Sinn seiner Patienten, deswegen muss er sich nun einer Prüfungskommission  stellen, die über ihn urteilen wird.

In keinem Fall jedoch hat er die Interessen seiner Patienten missachtet. Das wird auch von niemandem behauptet. Seine finanzielle Vernichtung droht, weil er nicht genug Geld aus der Behandlung seiner Patienten abgeführt hat. “Einsparen” ist ein Euphemismus. Wer beim Erhalt von Gesundheit spart, der bewirkt eher schlechtere Behandlung als bessere. Das Einsparen hat primär keine die Heilung fördernde Wirkung. Der Schaden, der durch Billigverschreiben entstehen kann, soll hier beschrieben werden.  Für das Resultat ist wieder der Arzt juristisch haftbar und nicht die Kasse und KV, die ihn dazu bedrängen.

Das frei werdende Geld wird natürlich nicht zweckgebunden für Patienten verwendet. 

Man findet es aber wieder, es ist sogar sehr gut sichtbar. Jeder kann es betrachten, in Form von gläsernen Prunkbauten der Kassen. Strahlend und mächtig recken sich Paläste architektonischer Kreativität in den Himmel. Wer in die Chefetagen vordringen darf, sieht edle Innenarchitektur, geschmackvolles Ambiente und die Verwirklichung von feiner Ästhetik, die in den modernen hellen Räumen residiert. Man sieht die finanzielle Kraft und Selbstdarstellung eines Privatunternehmens, das jedoch von gesetzlichen Beiträgen lebt. 

Das Geld taucht auch an verborgeneren Stellen wieder auf. Man sieht es in geschickter Dotierung hochrangiger Kassenvertreter, die sich selbst astronomische Rentenansprüche durch günstige Fusionsentscheidungen sichern. Der Bürger, gewöhnt an die betrügerische Finanzwirtschaft blickt resignierend weg. Dabei wird ihm dadurch direkt das Geld für medizinische Hilfen entzogen.

Das Geld aus den eigentlich treuhänderisch zu verwaltenden Zwangsbeiträgen wird auch  umgeleitet in plumpe  Mitgliederwerbung mit dümmlichen Lockangeboten, die mit einem Mäntelchen aus Pseudomedizin verdeckt werden.

Bauchtanzgruppen für junge Mütter, Italienkurlaube und Wellness-Hotels mit Kassenzuschuss verhöhnen die harte Arbeit der Landärzte und ihren ernst gemeinten  Sparwillen.

Die Geldverschwendung der Kassen kommt demgegenüber dreist und in aller Öffentlichkeit daher.

Es wird nirgends die Bedeutung der Tatsache diskutiert, dass 90% der Bürger starre Zwangsbeiträge abführen. Geld, das kein Ausdruck freier Wahl ist, kein Beitrag an ein Privatunternehmen. Genau deswegen aber wären Kassen zu einem für alle sichtbaren, bescheidenen Umgang mit den krisenfesten “Daueraufträgen”  ihrer Mitglieder verpflichtet.  Wäre hier eine Sparpflicht, wie das bei “unverdient” erhaltenem Zwangsgeld logisch sein müsste, Milliarden könnten in die Patientenversorgung sinnvoll umgeleitet werden. Wie so manche Finanzämter äußerlich daherkommen, so müssten Krankenkassengebäude aussehen. Langweilige Bürogebäude ohne Schmuck und Extravaganz. Das wäre ein Zeichen von Anstand und Redlichkeit. Ein praktischer und preiswerter Einheitsbaustil müsste  für alle diese Kassengebäude kennzeichnend sein.  Fertigbausysteme statt  Dubaifantasien.

An der unverfrorenen Ausgabe von Geldern die zur Genesung kranker Menschen gedacht waren, in eindrucksvolle Prunkgebäude im teuersten Innenstadtbereich, erkennt jeder reflektierende Deutsche, welche Interessen hier schamlos bedient werden.

Die Manager der Kassen müssten selbstverständlich verbeamtet werden, denn sie gehen mit Staatsgeld um, das natürlich so wie Steuern zu behandeln ist. Jeder Bürger sieht doch, wie sein Krankenkassenbeitrag ohne jede Diskussion von ihm eingefordert wird. Exakt so wie eine Steuer. Die Bezüge der Manager dürfen sich nicht an Einnahmen in der freien Wirtschaft orientieren. Besonders große Kassen entlohnen ihre Chefs mit Summen, wie sie in der Privatwirtschaft bezahlt werden. Das sind dann so genannte „Managergehälter, an deren Fantasiehöhe der Bürger schon gewöhnt ist. Bizarre Zahlen, die nur noch von den „Piratenschätzen“ von Hollywoodstars getoppt  werden. Die Einkommen von Direktoren  der Finanzämter orientieren sich dagegen überhaupt nicht an der Höhe der  dort erhobenen Steuerbeträge. Was unterscheidet  den Chef der einen von dem der anderen Einrichtung? Nur die Möglichkeit, sich an den  vorbei streichenden Geldern  zu bedienen. Der Bürger wäre

von einer finanzamtgleichen Struktur, bei entsprechend  eingesparten Gehältern sofort zu überzeugen. Die aber dort üppig alimentierten Kostgänger sind von den angenehmen Lebensumständen in den oberen Kassenetagen schon so verwöhnt, dass sie niemals eine Rückstufung auf die Ebene von Beamten hinnehmen würden.

 

Die Kassen werfen dem Arzt nun ihrerseits Verschwendung vor. Ihm, der den eigentlichen und zentralen Auftrag der Heilung verfolgt. Der Mediziner muss sich täglich und ohne Anlass, routinemäßig mit großem Arbeitsaufwand durch akribische EDV-Dokumentation seines Sparwillens gegen den permanenten Generalvorwurf der Geldvergeudung wehren. In einer klassischen Vorratsdatenspeicherung werden sämtliche Daten über die Verschreibung ständig gesammelt. Bei einer  Verletzung des gigantischen und völlig  unmedizinischen Vorschriftendschungels werden die vom Arzt selbst erhobenen Daten schlagartig gegen ihn verwendet.

Diese Dauerbedrohung vergiftet ein einstmals kooperatives Arbeitsmodell zwischen Arzt und Kasse.

 Die große finanzielle Belastung durch die Arzneiausgaben wird von Politik und Kassen polemisch dem Arzt angelastet. Zwei Begriffe werden dabei absichtlich unscharf eingesetzt.

Diese Begriffe heißen “Verantwortung” und “Verursachung”.

Der Arzt sei für die Rezepte verantwortlich. Er würde damit die Kosten “verursachen”. Dieses Bild ist so oft in den Medien wiederholt worden, dass es nicht mehr hinterfragt wird. Es ist aber falsch. Sehen wir uns die Begriffe genauer an.

 

Verantwortung.

Der Arzt ist für die medizinisch korrekte Behandlung verantwortlich, nicht für die Kosten der Pillen. Sein Rezept ist eigentlich eine Empfehlung an den Patienten ein bestimmtes Medikament einzunehmen. Seine Expertise ist die Therapieentscheidung. Die Kosten können niedrig oder hoch sein. Das kann er nicht beeinflussen. Die Kasse nun sollte eigentlich die Kosten für das Rezept erstatten, so wie das bei Privatpatienten für alle sichtbar abläuft.

Weil es aber die Verwaltung entlastet und weil es dem Patienten Umstände erspart, wurde diese Erstattung der Rezeptkosten von den Kassen grundsätzlich gewährt. Die Entscheidung war aber durch die Kassen selbst so gefallen. Darin ist natürlich das Risiko verborgen, dass die Medikamentenkosten, weil sie von den Kassen ungeprüft durchgewunken werden, für die jeweilige Kasse zu hoch werden. Die Kostenhöhe wird von der Zufälligkeit von Erkrankungsfällen bestimmt . Von deren Medikamentenkosten und deren Häufigkeit. Daran kann aber der behandelnde Arzt nichts ändern. So etwas ist ein Risiko für das man eben eine Versicherung hat. Wenn die Kasse die Rezepte für zu teuer erachtet, dann müsste sie selbst diesen Einspruch äußern. Aber bevor das Rezept eingelöst wird, nicht danach. Der Arzt hat seinen medizinischen Teil korrekt erfüllt. Er hat seinen fachlichen Rat für eine bestimmte Therapie gegeben. Deren preiswerter Ankauf und deren Erstattung ist Kassenaufgabe, nicht Arztaufgabe.

An dem Aufwand, den eine Prüfung der jeweils preiswertesten Verschreibung im Nachgang machen würde, kann man die Umstände und die Kosten erahnen, die das verursacht. Wie bequem war es da, einfach den verschreibenden Arzt zum Kostenverantwortlichen zu erklären. Man spart immense Gelder und ist die Verantwortung für die Ausgabenkontrolle scheinbar losgeworden. Das konnte nur geschehen weil die unbedarften Ärzte das hinnahmen. Dieses Kuckucksei müssen sie wieder aus ihrem Nest werfen. Wie das praktisch funktionieren kann soll anschließend beschrieben werden.

 

Verursachung.

Der Arzt verursacht nicht den Einsatz der Medikamente, die Ursache für den Medikamentenbedarf ist die Krankheit des Patienten.

So etwas ist allerdings viel sperriger und komplexer als der populistische Vorwurf, die Ärzte hätten auch dieses Jahr wieder die auf soundso viele Milliarden angewachsenen Medikamentenkosten verursacht. Das Denken ist in Schablonen wie Schuld und Sühne viel einfacher und angenehmer, als in Ursachensuche, die nicht in persönlicher Schuld gipfelt.

Weil die Ursache der Medikamentenkosten die jeweilige Krankheit ist, muss ein Schicksal hingenommen werden an Stelle der publikumsbefriedigenden Schuld. Das Konzept eines Schicksals ist auch juristisch unangenehm, weil es hier zu keiner Verurteilung mit anschließendem Anwaltshonorar vom Schuldigen kommen kann.

 

Die Lösungen des Kostenproblems.

Hätte das Gesundheitsministerium oder die Kassen das primäre Interesse die Medikamentenausgaben zu vermindern, es gäbe hervorragende Lösungen. Die wären aber nicht im politischen oder im Kasseninteresse. Die Politik pflegt leider  die Interessen von einflussreichen und wohlhabenden Gruppen im Land. Das ist dann allerdings nicht mit Kostensenkung im Gesundheitssystem vereinbar. Weil es gelingt, die Ärzte als Verschwender von Versicherungsgeldern zu denunzieren, braucht man an den wirklichen Hebeln nichts zu bewegen.

Politisch ist die große Zahl der deutschen mittelständischen Unternehmen, die Medikamente an- und verkaufen erwünscht. Alle diese Unternehmen üben Einfluss aus. Eine Einsparung der Kosten könnte erreicht werden, in dem an Anstelle von 15 inhaltsgleichen aber anders benannten Pillen, nur eine von den Kassen bezahlt würde. Die vielen bunten Schachteln würden vom Markt gefegt und mit ihnen die daran verdienenden Unternehmen.

Welcher Politiker hält diesem Lobbydruck stand?

Die Kassen profitieren vom gegenwärtigen System. Jeder Tag, der ihnen die Kostenverantwortung erspart und sie dem Arzt zusammen mit Regressbestrafung überlässt, ist ein guter und lukrativer Tag für die Kassen.

Weil sich die Ärzte nie konkret und spürbar gegen die unbillige Bedrängung wehrten, nahm die Einflussnahme auf ihr Verschreiben kontinuierlich zu. Kein Wille zum Bewahren des einst freien Berufes, kein Widerstand wurde für die Kassen und die KV spürbar.

Die Verwischung der Zusammenhänge von “Verantwortung” und “Verursachung” rechtfertigten es scheinbar,  den einzelnen Arzt zur Verantwortung zu zitieren und die von ihm scheinbar verursachten Kosten anzuprangern. Die Maßstäbe denen er zu genügen habe, wurden nicht an medizinischen Werten orientiert, sondern an von Außen diktierten wirtschaftlichen Vorgaben. Die Daumenschrauben der mit Geldstrafe ausgestatteten Bedrängung wurden immer weiter nachgezogen.

Wo anfangs das so genannte “wirtschaftliche Verschreiben” noch dadurch quasi “erreicht “ wurde, dass der Prozentsatz besonders preiswerter Medikamente bei zB 60% lag, so wurde die “Latte” bis zur Straffreiheit  einfach immer höher gehängt. Inzwischen ist der Anteil dieser Generika schon bei 85%. Diese Zahl ist  kein Zeichen schlechter Medizin, der Weg wie sie erreicht wurde aber schon, nämlich mit finanzieller Drohung und Druck.

Ein teureres Schmerzmittel, das in der Anwendung für den Patienten sicherer ist, als ein entsprechendes billigeres, darf der Arzt nicht verschreiben. Beispielsweise darf er Schmerzpflaster, die weniger Gefahren bergen als Tabletten nur einsetzen, wenn der Patient nicht mehr schlucken kann. Die individuelle Entscheidung wird dem Arzt nicht mehr erlaubt. Er wird durch Strafandrohung zum Billigverschreiben gedrängt.

Die Rechtfertigungsversuche für den hier aufgebauten Druck, sind eine unglaubliche Verdrehung der Zusammenhänge. Der Arzt hat die von der Kasse willkürlich festgesetzte “Einsparmenge” entweder aus der täglichen Patientenversorgung zu entwenden oder den Betrag aus seinen Einnahmen selbst zu entrichten. Dies ist weder recht noch billig. Es widerspricht den bestehenden Verantwortlichkeiten.

Besonders durchsichtig wurde die Manipulation, als man mit der Forderung viele Generika zu verschreiben nicht zufrieden war und auch noch auf das rein betriebswirtschaftliche Ziel verwies, bestimmte Wirkstoffe beispielsweise um 20% seltener zu verschreiben als bisher. Daran erkennt man die plumpe Einmischung in die Medizin. Niemand darf einem Arzt vorschreiben, bei seinen Patienten 20% weniger von einem wichtigen und wirksamen Medikament zu verschreiben. Es wird aber dennoch widerstandslos so ausgeführt. “Wirtschaftlich” verschreibt ein Arzt nach diesen betriebswirtschaftlichen Vorgaben nur noch, wenn er immer weniger verschreibt. Das erinnert an den Scherz über den Bauern, der seiner Kuh das  Fressen abgewöhnen wollte in dem er ihr immer weniger gab, ganz knapp bevor er das Ziel erreicht hatte war sie tot.

Leider geht es hier um leidende Menschen. Aber niemand stört sich wirklich daran. Als besonders hämischer Trick wird die Verantwortung für die Behandlung immer beim Arzt belassen. Der wird zwar bedroht aber er müsse der Drohung ja nicht nachgeben, er könne sich ja immer letztlich noch vor Gericht dagegen wehren.

 

Es ist für einen Arzt ein untragbarer Konflikt, gleichzeitig ein Medikament geben zu wollen und es aus Kostengründen verweigern zu müssen.

Das ist so, wie der Feuerwehrmann der vorne den brennenden Kindergarten löschen will, er kann nicht auch noch den Job haben hinten das Löschwasser abdrehen zu müssen, wenn es zu teuer wird.

 

Das sind klassische Rollenkonflikte.

 

Eine solche Mechanik der Arztenteignung und Arztbeschuldigung konnte nur durch juristische Winkelzüge entstehen. Der wichtigste davon war die Festlegung, der Kassenarzt sei zu  “Wirtschaftlichkeit”  verpflichtet. Niemand wird leugnen, dass redlicher Umgang mit fremden Geldern verlangt werden kann. Aber es ist etwas anderes, was damit als “Trojaner” eingebracht wurde. Es wurde eine persönliche Haftung für die Billigstverordnung jedes einzelnen Rezeptes verfügt. Wer wegen Centbeträgen zu einer Summenhaftung sämtlicher Medikamente herangezogen wird, wer diese Aufrechnung alle 3 Monate vorgehalten bekommt, der ist persönlich haftender Prüfarzt der Kassen geworden. Eigentlich hält sich die Kassenlandschaft in Deutschland zum Prüfen aller möglichen Kostenstellen den „Medizinischen Dienst der Krankenkasse“, den MDK. Weshalb nun werden die MDK-Ärzte nicht auch  in persönliche Haftung genommen, so wie die Niedergelassenen? Sie sind doch nur zum Einsparen angestellt?

Weil dann niemand diese Arbeit leisten würde.

Das Übergeben des Sparens an die Ärzte in eigener Praxis ist ganz und gar nicht selbstverständlich. Es ist zwar die rationellste Lösung aber  sie macht den Arzt in manchen Situationen zu einer gespaltenen Persönlichkeit. Er muss billigere und damit oft genug schlechter passende Medikamente hergeben, wo er um die besseren und teureren weiß. Aus realer Furcht vor drakonischen Strafen verschreibt er aber so schlecht wie ihm geheißen wird. So etwas ist Bedrängung und Erpressung zu Verschreibung als Selbstverteidigung.

Natürlich ist aus Sicht der Kassen der Arzt selbst optimal positioniert, das Geld, welches er für seine Patienten ausgeben soll gleich wieder für die Kassen einzubehalten. Das ist für Ersteren ein Spagat und für Letztere praktisch. Aber “Bequemlichkeit” für den mächtigeren Partner darf nicht mit “richtig” verwechselt werden.

Es kommt doch auch niemand auf die Idee zu sagen, dass bei Tarifverhandlungen nur der Arbeitgeber die Löhne festsetzen soll und die Gewerkschaft das akzeptieren muss.

Etwa deswegen, weil der Arbeitgeber richtig positioniert ist, er hat die Firma, er ist ideal qualifiziert, er kennt die Bilanz aber das wichtigste ist, er hat andere Interessen als der Arbeitnehmer.

Interessenkonflikte werden in Verhandlungen auf Augenhöhe ausgeglichen. Die Bequemlichkeit zählt dabei nicht! Diktaturen sind auch die bequemste politische Struktur. Für den Diktator.

 

Was könnte praktisch getan werden um die Ärzte aus ihrem Interessenkonflikt zwischen Dienst am Menschen und Schutz vor Strafzahlungen zu befreien?

Der auf der Hand liegende Weg ist die Trennung der Personen, die für die verschiedenen Interessen eintreten müssen.

Der Arzt muss für die Behandlung verantwortlich sein.

Die Kostenkontrolle muss an die Kassen zurückfallen.

 

Der Ablauf der Verschreibung kann dennoch fast störungsfrei verlaufen. Problemlos verschreibbare Generika könnten in Form einer Positivliste ausgewiesen werden. Wer diese Medikamente für seine Patienten wählen kann, hat keinen Widerstand zu erwarten. Bei einer ausgewählten Gruppe kritischer Medikamente würde ein Genehmigungsvorbehalt bestehen, der online über einige Fragen per Mausklick bearbeitet werden könnte. Das würde 80% der Problemfelder abdecken. Der Rest könnte vom MDK erledigt werden, wenn das kosteneffizient wäre. Verlängerungen von Physiotherapierezepten zB oder Rezepte die im Nachhinein häufig vor dem Sozialgericht landen, solche  “Off Label Use” Medikamente könnten vom MDK verschrieben oder vorenthalten werden.  Wenn das dann nicht wirtschaftlich ist, muss es eben unterbleiben. Damit wäre den Regressen die Grundlage genommen. Die Illegalität der bisherigen Regressbestrafungen wäre damit allerdings noch nicht aufgearbeitet.

Außerdem wären einige Maßnahmen durchführbar, die große Summen beim Verschreiben sparen würden und gleichzeitig die Arzneimittelsicherheit deutlich erhöhen würden.

 

1. Der Arzt verschreibt die gewünschte Zahl der Medikamente, keine starren “Mülleimermengen” N3 oder Kleinstmengen N1, die nur für das Notdienstwochenende reichen.

2. Der Arzt bekommt aus einer Positivliste höchstens 2 oder 3 verschiedene Markennahmen von einem Wirkstoff, den er verschreiben möchte und nicht 20 Markennamen von Anbieter A bis Z (wie Zaster).

Die Auswahl der sinnvollen Wirkstoffe übernimmt eine nüchterne wissenschaftliche Einrichtung. Solche neutralen Arzneibewertungsstellen gibt es schon.

3. Der Apotheker füllt die angegebene Zahl der Pillen in kleine langweilige braune Plastikfläschchen mit kindersicheren Schraubverschlüssen, klebt ein von ihm ausgedrucktes Etikett drauf und fertig. Es hätte ein Ende mit den 20 bunten Schachteln pro Wirkstoff, mit “Das mit der gelben Schachtel will ich auch Herr Doktor, das nimmt mein Nachbar auch!” Und es hätte ein Ende mit endlosem Lobbyistendruck auf die “Gesundheitsexperten” der jeweiligen Regierung um jeder Pharmahandelsfirma einen Platz am gedeckten Tischlein zu ermöglichen. Wenn man allerdings weiß, wer an der bisherigen Praxis wie viel Geld verdient, dann weiß man auch was passieren wird. Nichts!

 

4. Der Arzt müsste ein so genanntes Dispensierrecht erhalten. Der Arzt würde die Medikamente in seiner Praxis abgeben. So wie die Ersatzteile von Autos in den Autowerkstätten bereitgehalten werden, so wäre es logischerweise auch beim Arzt.  Es ist für über 90% der Medikamente völlig problemlos, eine Lagerhaltung in den Praxisräumen des Arztes zu ermöglichen. Das in Deutschland geübte Verbot der Aushändigung von Medikamenten beim verschreibenden Arzt ist reinster Lobbydruck der Apotheker und stellt den Patientenbedarf auf den Kopf. Die Gründe für die Apothekenpflicht sind reinste Geldverschwendung zum Schaden der Allgemeinheit und zum Nutzen der Apotheker.

 

 

Die  persönliche Haftung für die Kosten eines hohen öffentlichen Gutes durch Strafzahlungen gibt es nur in Deutschland und dort auch nur beim ärztlichen Verschreiben.

Zigtausende Menschen verwalten bei uns öffentliche Gelder zum Nutzen der Bürger. Niemand wird dafür in persönliche Haftung genommen. Es sei denn, ein kriminelles Handeln wäre nachweisbar. Diese eklatante Ungleichbehandlung skandalös. Der für diese Verletzung der ärztlichen Handlungsfreiheit Verantwortliche ist die Ärztekammer, denn sie hat es hingenommen. Selbstverständlich versickert dieser Fehler im porös blasierten System der homöopathischen Verdünnung von Verantwortung eines  kafkaesken Systems.

 

Der Anschein von Recht in einem grotesken Unrecht konnte gewahrt bleiben, weil alles was bei zu kurzem Nachdenken logisch erscheint, bereits in ein Verfahrensrecht gegossen wurde und damit „geregelt“ ist. Diese Regel heisst SGB5. Dort sind die Bedrängung des Kassenarztes und des Hausarztes im Besonderen akribisch beschrieben.

Wer es sich einfach machen will, der kann auf dieses Gesetz verweisen und alles was mit den Ärzten geschieht damit gut heißen. Spätestens aber beim Anblick der Prüfungsgremien, ihrer Zusammensetzung und der Prüfabläufe, sollte beim kritischen Betrachter ein Unbehagen keimen. Jeder Mensch mit Gerechtigkeitsgefühl und besonders jeder niedergelassene Arzt sollte spüren, was hier passiert.

 

In den Prüfungsgremien  in denen Jahre nach der jeweiligen Rezeptabgabe die einzelnen Medikamente den Ärzten zur Bezahlung aufgebürdet werden wird eine scheinjuristische Scharade exerziert. Verwaltungsangestellte haben Stimmrecht bei einem Scherbengericht über den Arzt. Alle Täter sehen danach weg, wenn ein Arzt bis zum Ruin finanziell bestraft wird und die anderen, arbeitenden Ärzte diese Strafandrohungen als ganz reale Erpressung erleben. Allein die Drohung ist ein wirksames Mittel zur Manipulation des Verschreibens tausender Ärzte.

 

Vor dem Hintergrund dieser Verbiegung einst aufrechten ärztlichen Verhaltens, zum Schaden der Patienten und zum Nutzen der Bilanz Geld verschwendender Kassen, wird das Fehlverhalten des eingangs erwähnten Kollegen Müller offenbar.

Kollege Müller meint, dass er zwar ganz brav alle Regeln des SGB5 beachtet, als wären es Verkehrsregeln. Es macht aber einen Unterschied aus, bei was man mitarbeitet. Sich nur auf die Regeln zu berufen ist zu wenig. Müller sollte aus dem System aussteigen. Er sollte erkennen dass er sich schmutzig macht.

Er sieht zwar, welche Schäden dieses Strafsystem oft erzeugt aber redet sich ein,            doch wenigstens bei den angeklagten Ärzten zu sein, ihnen zu helfen keine Fehler zu machen.

Hat es gereicht in der DDR Rechtsanwalt zu sein und Menschen vor Gericht zu verteidigen?

Kollege Müller gibt mit seiner persönlichen Seriosität dem Gesamtverfahren einen Anschein von Honorigkeit. Aber Menschen mit Anstand und Gewissen machen bei so etwas nicht mit.

Wenn er erst einmal wirklich verstanden hat, wie zutiefst unrecht mit den deutschen Ärzten umgegangen wird, dann wird er nicht nur sein Amt als Ärzteberater der KV niederlegen, sondern er wird Schadensersatz für alle bisher zu Regressen verurteilten Kollegen fordern.

Erst wenn mit Macht ein Schadensersatz gefordert wird und die ersten beschädigten Ärzte Entschädigung für das erfahrene Unrecht erhalten haben, ist ein Weg zur Genesung beschritten. Es ist nicht nur nötig diese Praxis der Ärztedemütigung zu beenden, sondern das begangene Unrecht aufzuarbeiten.

 

 

 

 

Ein Hausarzt spürt den scharfen Hieb,

der Krankenkasse, die ihm schrieb:

Es sei  ihr fester Kassenwille

Der Hausarzt zahlt jetzt vierzig Mille

Das Geld soll nicht nur ihn bestrafen

Es droht auch allen andern Schafen

 

Es führt der ganzen Herde vor

Rezepte sind ein Eigentor

Wer ohne Pillen heilen kann

Der ist der Kassen liebster Mann

Benutzt er das Rezept, das teure

Bespritzt man ihn mit Geldstrafsäure.

 

Man tunkt ihn in Regressigsaft

Schafsdumm schweigt die  Kollegenschaft

Der letzte Optimismus bricht

Beim Gang vor das Sozialgericht.

Der deutsche Hausarzt raunt betroffen:

„Wer diesen Job will ist besoffen.“