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Samstag, 3. Juli 2010

Wenn Du pleite bist, kostet der Doktor nix!

Stellen Sie sich mal vor, kommt ja niemals vor aber so als Gedankenmodell: Die Wirtschaft ginge in die Knie, die Bundesagentur für Arbeit müßte deutlich mehr arbeitslose Menschen in ihren Räumen versorgen/ helfen und motivieren. Der Urlaub der Mitarbeiter wird nicht mehr locker gegeben, denn es knackt im Gebälk... ständig kommen neue Hilfesuchende.
Weil die Wirtschaft einknickt, geht das Steueraufkommen zurück. Die Finanzen, die der Bundesanstalt für Arbeit zur Verfügung stehen, werden immer weniger.
Unangenehme Situation: Weniger Geld und mehr Arbeit für die Angestellten!
(kennt das jemand von den Niedergelassenen?)

Jetzt kommt der neue Arbeitsminister auf die logische Idee: Wenn im Etat des Bundesministeriums für Arbeit weniger Geld vorhanden ist, dann muss im Bundesministerium für Arbeit weniger ausgegeben werden.

Wenn man sparen muss, dann muss man wohl auch im eigenen Haus Kosten reduzieren.... also kürzt der Mann die Ausgaben für sein Personal!

Das kommt nicht vor.

Haben Sie jemals davon gehört, dass bei Problemen der Finanzierung der Arbeitslosengelder der Bund seinen Mitarbeitern beim Arbeitsamt die Bezüge kürzt???? ? Definitiv NEIN!


Ärzte aber werden selbstverständlich bei Finanzengpässen des Gesundheitssystems zu einem “Beitrag” herangezogen..Als wäre eine Logik darin, dem Leistungserbringer weniger zu bezahlen, wenn die Geldbörse des Leistungsabforderers schlechter gefüllt ist.

Werden den Soldaten im Auslandseinsatz die Gelder gekürzt, wenn das Bruttosozialprodukt sinkt?

Ich bin völlig platt, wie unwidersprochen sich die Ärzte das Geld wegnehmen lassen, für Leistungen die sie real erbracht haben.

Wenn ein Gipser seine Arbeit beendet hat und ihm der Bauherr sagt, er habe wegen irgend welcher Gründe weniger Geld, dann bleibt der Anspruch des Gipsers bestehen, zur Not über den Gerichtsvollzieher... Der Arzt aber wird selbstverständlich an der miserabel durchdachten Finanzierung des Gesundheitssystems und an deren roten Zahlen “beteiligt”. Wo bleibt diese “KV”???? Naja, es war ja zu erwarten, dass hier keine Hilfe, sondern nur Geschwätz kommt, wie immer eben.


Wir haben Leistung erbracht. Der Schuldner kann sie nicht bezahlen. Wir haben einen Anspruch auf das Geld, dass diese Leistung kostet.

Natürlich wird das Privileg der Kassenärzte genannt. Ein AOK-Versicherter kann nur zu einem Kassenarzt gehen, wenn er Gelder aus der AOK genießen will... Er bekommt keine AOK-Hilfen, wenn er zu einem Geistheiler oder sonstigem Guru geht. Das ist aber keine GNADE der Kassen, die dem Arzt "erlaubt" den Patienten zu helfen. Es ist die Leistung des Arztes, die zur Behandlung der Patienten das Wichtigste! ist.
Würde man die Finanzierung ohne Ärzte anbieten, die unbehandelten Menschen würden es laut beklagen.
Würde man die Ärzte ohne Entlohnung anbieten, die Ärzte würden im Angesicht der Not trotzdem helfen.

Daran sieht man den Unterschied der beiden Positonen.
Es bleibt dabei, ein Arzt hilft dem Patient aber die Entlohnung wird einfach nach “Kassenlage” abgeschnitten. Und das ist unverschämt.

Es geht wirklich nicht um die Gehaltsforderungen der niedergelassenen Ärzte, es geht um etwas viel Banaleres. Es geht darum, dass Ärzte, die Arbeiter in dem System sind einen ganz normalen Anspruch auf Entlohnung haben.

Ärzte sind getrennt von den Krankenkassen!
Es sind die Krankenkassen, die kein Geld mehr haben, weil sie allen alles versprochen haben und jetzt ihr Scheitern eingestehen müssen, nicht die Ärzte.
Glauben Sie dass die Brötchen billiger werden, weil Sie gerade weniger Geld inder Tasche haben?

Dienstag, 29. Juni 2010

Dem Bürokratiedrachen wuchs ein neuer Kopf


Für die Bayern als Mitarbeiter beim Pilotprojekt geht am 1.Juli 2010 der Wahnsinn schon etwas früher los, als für alle andern. Wir sollen jetzt also eine noch genauere Übersetzung von Diagnosen in Zahlen vornehmen. Ein Katalog von 161 Seiten schreibt akribisch vor, was zu tun sei. Der KV-Chef Dr Köhler flötet uns zu, dass dies doch nur zu unserem Nutzen sei. Erst wenn wir die Diagnosen genau benennen, kann man unsere Leistung genau bezahlen. Dann hätten “Wir” (damit meint er kumpelhaft uns arbeitende Ärzte und ihn den Interessenvertreter des Gesundheitsministeriums, hier sogar der Kassen) etwas in der Hand um den Kassen gegenüber unsere Anstrengungen und damit unser Honorar zu begründen.
Das glaubt Herrn Köhler kein niedergelassener Arzt mehr. Das Interesse an dieser irrwitzigen Kodierfummelei liegt doch ganz auf Seiten der Kassen. Die wollen über diese Diagnosen besondere Gelder bekommen (RSA). Bisher benutzten sie die DMPs (die teuersten 4 Krankheiten wurden von den Ärzten schon als DMP-Erkrankung markiert) und jetzt soll es noch bequemer gehen. Die DMP-Programme werden dann wohl in der Versenkung verschwinden, wie so vieles Andere an Bürokratieflocken. Was auch verschwindet ist unser Verdienst an den DMPs. Für das Kodieren bekommen wir kein angemessenes Honorar, da wird es nur Abzüge für zu wenig Kodieren geben! Das ist ja auch das in Deutschland beliebtere System: Peitsche statt Zuckerbrot. Jetzt werden nur noch für jene Diagnosen Honorar bezahlt, die bestimmte Therapien oder bestimmte Diagnostik ausgelöst haben. Das routinierte Abschätzen der Beinödeme oder der Dyspnoe eines Patienten durch den langjährigen Hausarzt ist noch Null Cent wert, weil es keine Kodierung dafür gibt. Wenn der Patient wegen anderer Gründe in die Praxis kam wird man nur roboterhaft dokumentierbare Abläufe honoriert bekommen. Danke Herr Köhler.
Wenn es um die Fata Morgana “angemessene Bezahlung für ärztliche Leistung” wirklich ginge, dann wären die Diagnosen wahrlich nicht das probate Mittel. Für so manchen gut eingestellten chronisch Kranken mit mehreren so toll kodierbaren Chroniker-Diagnosen wendet man wenig Zeit auf, weil er kooperiert und für so manchen, nur mit einer einzigen Diagnose wie Demenz oder Alkoholabusus hat man Arbeit ohne Ende, weil die Familie beraten werden muss und immer wieder Krisen auftreten.
Man spürt also wieder einmal die Absicht und ist verstimmt. Wer ernsthaft das Ziel der gerechteren Vergütung anstreben wollte, der müßte anders rangehen. Anders mit dem gesamten Themenbereich umgehen. Das Wort “gerechte” Vergütung kann nicht in einem ungerechten Biotop von Wegelagerern namens “Leistungsbegrenzung” existieren. Die Niedergelassenen müßten in einem demokratischen Prozess überhaupt erst mal in die Diskussion einbezogen werden. Grundsätzliche Ziele sollten über Abstimmungen (wir haben ja jetzt alle die schönen personalisierten KV-Zugangscodes!) herausgearbeitet werden. Ärzte in BaWue könnten dann vielleicht über Stundensätze abrechnen wollen, die in Bayern über Kostenerstattung und die Hamburger vielleicht über ein eigenes Sachleistungssystem. Wer da aufjault, das ginge nicht, soll erst mal etwas frische Luft der Diskussion hineinlassen in die stickige Bude. Die immer weiter verfeinerte Wahnstruktur der bürokratischen Verschlimmbesserung beschert nur weitere Monster. Das letzte dieser Aliens ist 161 Seiten fett und heißt Kodierrichtlinien. Wer schon jetzt einen exzellent kommentierten Beitrag dazu von unseren bayrischen Kollegen lesen möchte: http://tinyurl.com/24oaqkm Über etwaige Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie sich selbst.

Ein Hausarzt will kein Geld verlieren
und brav beginnt er zu kodieren.
Er sagt ganz einfach wär die Chose,
hätt er nur eine Zwangsneurose.
So quält er sich durch jedes Raster
und alles für der Kasse Zaster.

Die Kassen haben Planwirtschaft
die anders wo längst abgeschafft
Wir Ärzte werden`s nie kappieren,
jetzt gehn wir auch noch zum kodieren.